Theorie vs. Praxis

Wie unglaublich weit die Schere zwischen Theorie und der schlussendlichen Praxis auseinanderklaffen kann, sieht man gerade sehr aktuell an der katastrophalen Lage in Afghanistan.

Theoretisch sollten die Taliban das Land eigentlich nicht einfach so überrennen können…..

Theoretisch sollen auch nach der Übernahme des Staates durch die selbsternannten „Gotteskrieger“ (was für ein Wort..) Mädchen weiterhin zur Schule gehen und Frauen einen Beruf ausüben können…. halt einfach nur jenen, der den Mittelalterkriegern auch passt….

Theoretisch verteufeln und lehnen diese Leute alles Westliche inklusive westliche Grundrechte und Werte ab…. Waffen, militärisches Gefährt und Luftkampfzeugs ist DAVON natürlich ausgeschlossen! Da findet sich sicher irgendein Passus in der Extremisten Gebrauchsanweisung, der das billigt. Und wenn nicht, wird halt einfach umgedeutet, bis es passt!

Frau muss keine Hellseherin sein, um zu wissen, was den Frauen und Mädchen dort nun blüht..

Aber es gibt natürlich auch in unserem Alltag zig Beispiele die die teils krassen Abweichung von der, zugegeben oft gutgemeinten Theorie, und der täglichen Praxis aufzeigen. Jede und Jeder könnte da ziemlich sicher auf Anhieb mehrere Beispiele nennen..

Ich wechsle für dieses Thema nun mal kurz die Seite und schreibe als Kundin, die ich ja schliesslich auch hie und da bin..

Wenns irgendwie möglich ist, halte ich meine Einkäufe kurz. Ich führe es mal auf den Umstand zurück, dass ich selber täglich im Laden stehe. Die eine oder andere versteht mich sicher. Ich arbeite 100%, das heisst, ich bin öfters bei der Arbeit als zu Hause… ( Schlafenszeit und Ferien mal ausgeklammert!) Dann will ich meinen einen freien Tag nicht auch noch in einem Geschäft verbringen… Oft gehe ich deshalb nach Feierabend noch husch husch das Nötigste einkaufen, damit ich dann auch wirklich frei habe!

Und weils halt am Abend wirklich schnell gehen muss (ich weiss ja wie es ist, wenn Kunden kurz vor Ladenschluss noch die Ruhe weg haben…), find ich es super, wenn ich meine Sachen IMMER AM SELBEN ORT FINDE…..

Jaaaa und da fängt die Schere an, aufzuklappen…

Theoretisch ist es Marketingtechnisch wichtig, dass die Kunden den gesamten Laden „erleben“ (wie einkaufen heutzutage ja auch gerne genannt wird..).

„Einkaufen muss für den Kunden ein Erlebnis sein“… Also eine Fun-Wellness-Adventure-Probier-Happy-Supi-Dupi-Tour. Am liebsten einmal quer durch sämtliche Branchen in einem Laden. Vom Nagellack über den Whirlpool bis zur Eigentumswohnung..

Mag ja sein, dass es für Leute, die ausserhalb des Dienstleistungssektors arbeiten eine nette Abwechslung oder sogar ein Hobby ist, Stunden- oder Tagelang durch die Geschäfte zu tigern.. Aber es gibt viele, die wie ich ihr Zeugs zackizacki aus dem Regal nehmen und so schnell wie möglich wieder verduften wollen.

Aber, um das besagte „Einkauferlebnis“ möglichst spannend und interessant zu erhalten, muss dann halt auch die Ware immer wieder verändert oder umgeräumt werden… Damit die Kundin auch sicher durch den ganzen Laden stolpern muss, um ihre Produkte zu finden…

Das ist nicht toll. Weder für die Kunden, noch fürs Personal, die neben den normalen Arbeiten dann auch noch dauernd umräumen müssen. Und die dann den (verständlichen) Frust der Kunden abbekommen.

Denn auch dort klafft die Schere zwischen Theorie und Praxis gehörig auseinander.

Theoretisch können die Kunden Reklamationen aller Art jederzeit der Geschäftsleitung mitteilen. Auf nahezu JEDER Homepage gibts dieses nette Wörtchen „Kontakt“… Dort kann Mann und Frau draufklicken und ihre Bedenken, Anregungen und guten Ideen kundtun. Oder man könnte auch klassisch per Post schreiben oder sogar anrufen…

Denn was so ziemlich alle Angestellten, zumindest diejenigen, die in einem Grossbetrieb mit mehreren Filialen arbeiten, bestätigen können: Das „Bodenpersonal“ hat zu 99,999% KEINEN Einfluss auf die (Um-) Gestaltung des Ladens oder die Platzierung von Produkten. (Aber wer macht sich schon die Mühe und meckert an der richtigen Stelle, wenns vor Ort doch so einfach geht.)

Und da bin ich schon bei der nächsten Schere: Waren werden mit teils haarsträubenden Begründungen umplatziert; das löst nicht nur bei den Kundinnen und Kunden schleudertraumamässiges Kopfschütteln aus.

Beispiel: In einem frisch umgebauten Laden werden die Trinkbecher- und Flaschen für Kinder getrennt einsortiert. Und nicht etwa, wie man jetzt vielleicht annehmen würde, auf der einen Seite alle Becher und auf der anderen alle Flaschen. Oder aufgeteilt nach Altersstufen. DAS würde ja noch einen Sinn ergeben. Man hat sie willkürlich auseinander gerissen. Weder nach Marken, Alter oder sonst was. Und nicht mal im selben Gang. Nein, im nächsten, so dass Mutter, Vater oder Oma mit Kind auf der Suche nach einer neuen Trinkflasche für ihre Sprösslinge möglichst viel von der Kinderabteilung sieht.. pardon… erlebt…. Soviel zur Theorie..

Herzlich willkommen in der Praxis, liebe gutbezahlte Marketing-Strategen.. Schon mal erlebt, wie entspannt einkaufen, resp. suchen mit einem oder mehreren Kindern ist? Für alle Beteiligten?! Nicht? Ja, merkt man gut.

Klar, Ausnahmen bestätigen die Regel. Es gibt natürlich Mütter, die haben die Ruhe weg im Laden, egal was ihr Nachwuchs gerade umrennt oder ausräumt. Doch das ist ein anderes Thema. Die meisten Mütter wären erfahrungsgemäss ziemlich dankbar, wenn die gesuchten Dinge, keine Ahnung, vielleicht nach Thema eingeräumt wären. Schoppenflaschen, Trinkbecher, Trinkflaschen zusammen.. Teller, Esslernbesteck, Warmhalteteller zusammen.. Badespielzeugs zusammen… Kunststoff-Vorratsdosen zusammen… Was man als langweiliger Normalo halt so erwartet..

Oder auch unsere älteren bis alten Kundinnen und Kunden.. Die sich nicht mehr so gut alle Veränderungen merken können oder schlecht zu Fuss sind. Zu wenig interessante Gruppe fürs Marketing, die bleiben über kurz oder lang eh weg oder wie..?!

Vorschlag:

Wieso führt man keine obligatorischen Abteilungsübergreifenden Arbeitsbesuche ein? So könnten zum Beispiel Kolleginnen und Kollegen aus dem Marketing mal ein oder zwei Wochen im Verkauf arbeiten. Nicht nur Kontrollbesuche um zu sehen, ob wir alles brav umsetzen, was in der Arbeitsgruppe so schön ausgeschaut und super geklungen hat. Sondern um zu sehen, wie gut die Ideen dann umsetzbar sind und bei der Zielgruppe ankommen..

Und wieso versucht man eigentlich das Rad immer neu zu erfinden. Gerade in der heutigen extrem schnellen Zeit, wäre es nicht mal eine Idee, als Ausgleich ein bisschen Ruhe in die Welt des Verkaufs zu bringen? Eine kleine Oase der Beständigkeit sozusagen? Muss ja nicht gleich eine Rückkehr in die Fünfziger werden… So ein gesunder Mittelweg halt. Sind ja schliesslich in der Schweiz!

…. Frau wird ja noch träumen dürfen….

Ein Kommentar

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  1. Wie wahr! Danke für den Hinweis zu Kontakt und Beschwerde. ich werde ihn mir merken. Einen lieben Gruß!

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