Was etwas dramatisch klingt, ist aber durchaus eine mögliche Zukunft..
Dank Online Shops, die wie virtuelle Pilze aus den Tiefen des Internets schiessen und ein immer umfassenderes Sortiment anbieten, sieht die Zukunft des Verkäufers im klassischen Sinne ziemlich düster aus.
Jetzt kann man natürlich abwinken und sagen, dass die persönliche Beratung nie ersetzt werden kann oder wird. Diese Argumentation wird immer dann gerne gebetsartig wiederholt, wenn aufgrund von Entlassungen oder „Umstrukturierungen“ in einer Firma Unsicherheiten und Bedenken in einem Team ausbrechen.
Prinzipiell und theoretisch ist dies natürlich auch korrekt, doch leider gibt es einige Beispiele, die tendenziell das Gegenteil befürchten lassen. Oder wie stehts denn so mit den Schaltern an unseren Bahnhöfen aus…? Oder den immer weniger werdenen Poststellen??
Beide werden immer mehr runterreduziert oder gar ganz aufgelöst… ohne viel Aufhebens.. Und ohne mit der Wimper zu zucken wird die ganze Sache mit der allgemeinen Digitalisierung erklärt.. Da heutzutage die grosse Mehrheit mit Smartphones bewaffnet ist, sei eine so grosse Anzahl Schalter unnötig, wird bei der SBB argumentiert..
Auch hier, theoretisch absolut richtig. Aber wenn man mal so bei Leuten herumfragt, die nicht so häufig Bahn oder ÖV im Allgemeinen fahren und darum trotz Smartphone keine SBB App nutzen, dann wird’s teilweise bereits knifflig. Und nicht jeder möchte seine Kreditkarte registrieren lassen, um ein Ticket lösen zu können. Dann muss man die Automaten am Bahnhof oder an den Haltestellen benutzen. Und ganz ehrlich, selbst ich als Viel-Fahrerin krieg an gewissen Automaten manchmal einen rauchenden Kopf . Oder ich steh auf dem Bahnsteig und der Automat zum Billett lösen ist defekt, der nächste steht drei Gleise entfernt und der Zug ist bereits in Sicht… Klar, ich nutze tatsächlich meist die App, aber wenn man die, aus was für Gründen auch immer, nicht möchte oder nicht kann, weil kein Smartphone, wird’s schwierig.
Oder auch gewisse Gutscheine oder Vergünstigungen, da gibt’s teilweise gar keine Möglichkeit, die am an einem der wenigen verbleibenden Schaltern einzulösen oder zu kaufen. Alles zielt darauf ab, die Menschen total ins Internet zu zwingen und so mit immer weniger Personal arbeiten zu können.
Ist halt auch der einfachste Weg, Kosten einzusparen. An die langfristigen Konsequenzen wird nicht wirklich gedacht, scheint mir.
Im Falle der SBB und ihrer App, die zugegebenermassen sehr praktisch ist: wehe, wenns ein Problem mit Internet oder mit der App im allgemeinen gibt..
Auch bei der Post siehts ähnlich aus. Man kann zwar Pakete oder Briefe nicht wirklich elektronisch versenden, doch auch dort wird’s immer digitaler. Und Personal eingespart wird einfach auf anderem Weg. Die Aufgaben werden sozusagen ausgelagert. Pakete und Briefe kann man dem Briefträger mitgeben, sogar Zahlungen kann man so abwickeln. Sicher, für Menschen, die vielleicht keine Möglichkeit haben zur nächsten Poststelle zu gehen, oder weil es gar keine mehr am Wohnort hat, ein sehr praktischer Service. Doch auch da ist es im Endeffekt schlicht ein Einsparen von Personal. Und die Briefträger haben noch weniger Zeit, um die selben Routen abzuarbeiten. Und immer mehr kleine Poststellen werden geschlossen und die Aufgaben müssen plötzlich die Verkäufer in Lebensmittelläden übernehmen… Da kommt man nicht umhin, sich zu fragen, wie denn so der Masterplan der Manager aussieht..
Auch hier, ich nutze sehr gerne die Zahlungsmöglichkeiten des E-Banking von der Postfinance.. War noch nie ein grosser Fan von Buechli-Einzahlungen am Schalter, doch die Möglichkeit dazu sollte den Leuten, die mit elektronischen Abläufen nicht soviel am Hut haben, nicht genommen werden.
Wenn man wie meine Kolleginnen und Kollegen und ich an vorderster Front arbeitet, wird man andauernd mit Änderungen in Richtung Digitalisierung konfrontiert. Vieles vereinfacht die Arbeit natürlich tatsächlich, wie zum Beispiel eine elektronische Kundenkartei, die Kontrolle von Lagerbeständen oder Bestellungen. Doch wie überall gibt es auch hier eine Grenze, nach der die ganze „Computerirsierung“ eher kontraproduktiv wird und oft werden an sich einfache Abläufe verkompliziert. Das kennen wir alle.
Die Verkaufsbranche ist, wie alle anderen auch, einem starken Wandel ausgesetzt. Der Druck auf den Detailhandel ist enorm, auch wenn die Umsätze momentan einigermassen stabil sind, wenn man denn den diversen Wirtschaftsexperten glauben darf.
Die Realität in den Läden sieht jedoch nicht danach aus. Immer öfter bleiben die Geschäfte leer, oder jedenfalls fast. Der Versuch, die Kunden mit Angeboten und Rabatten zurück in die Läden zu bringen, wird sich über kurz oder lang als Rohrkrepierer herausstellen.
Permanent Rabatte anbieten kann sich auf Dauer keine Firma leisten, ohne Abstriche zu machen, sprich Kosten zu sparen. Und wo gelingt dies am einfachsten…? Genau… Beim Personal..
Dies bedeutet, es muss sich etwas ändern. Das Onlineshoppen wird nicht zurückgehen, im Gegenteil, da sind sich alle einig. Und da die Detailhändler selbst immer mehr und verstärkt auf eigene Onlineshops setzen, werden immer weniger Verkäufer in den Läden benötigt. Jedenfalls für die Arbeiten, die sie ursprünglich mal gelernt haben.
Die Frage stellt sich, was und wie man etwas ändern kann. Bei einem Interview an der MUBA wurde klar, dass auch „Experten“ ziemlich ratlos sind, auch wenn sie dies gerne hinter etwas eigenartigen Plänen und Ideen verbergen..
Zum Beispiel muss nach Meinung eines Marketingexperten den Kunden künftig mehr als nur ein simples Verkaufsgespräch geboten werden. Der Einkauf soll ein Event für die Kunden werden, ein einmaliges Erlebnis. Was darunter verstanden wird, wurde auch gleich erklärt. Die Idee sei eigentlich ganz einfach. Statt dass sich Läden wie bis anhin auf eine Branche festlegt, soll man ein breiteres Angebot anbieten.
Soll konkret heissen: wenn ein Schuhgeschäft bis jetzt (Überraschung) vorwiegend Schuhe im Angebot hatte, so sollten sie zukünftig ihren Horizont erweitern und auch noch beispielsweise eine Kaffee-Ecke oder eine Velo Werkstatt einrichten…
Ok zugegeben, die Werkstatt ist vielleicht etwas weit hergeholt, aber das Prinzip ist klar..
In den grossen Warenhäusern wird dies ja teilweise heute schon gemacht. In Ausstellungen oder bestimmten Promotionen wird dieses „Cross-Selling“ schon angewandt, teilweise auch durchaus mit Erfolg. Wenn unsere Firma zum Beispiel eine Promo mit Sonnenpflege macht, stellen wir unsere Produkte auch in der Bademoden Abteilung aus. Macht auch Sinn und bring meist auch was.
Doch dies geht den Marketingleuten zu wenig weit. Sie möchten die Verkaufsbranche noch stärker (auf) mischen, den Kunden noch mehr „Erlebnis“ bieten.. Die Kunden sollen nach Hause gehen und ein „WOW“ Gefühl mitnehmen!
Gut, vielleicht bin ich etwas altmodisch, aber meiner Meinung nach sollte meine Kundin nach Hause gehen und das Gefühl haben, von einer kompetenten und freundlichen Verkäuferin beraten worden zu sein und nicht von einer Entertainerin!
Wie soll denn unsere Zukunft als Verkäufer bitteschön ausschauen!! Müssen wir nächstens Weiterbildungen machen zum Ballontiere formen?? Oder Schauspielkurse, um gelangweilte Kunden zu bespassen??
Natürlich muss sich was ändern, aber sollte man nicht vielleicht mal hinterfragen, ob es sinnvoll ist, noch mehr riesige Shopping Malls aus dem Boden zu stampfen?? Je mehr Läden es gibt, umso mehr verteilen sich doch die Kunden und schlussendlich hat keiner mehr wirklich was davon!
Oder, ein ganz ketzerischer Gedanke, was wäre denn, wenn die Preise für Ladenlokale an einigermassen guter Lage nicht mehr so exorbitant wären.. Das würde das Angebot automatisch vielseitiger machen, weil sich nicht mehr nur grosse, internationale und langweilige Modeketten die Mieten leisten könnten. Tja, man darf ja noch träumen…
Klar ist jedenfalls, wenn es mit der Automatisierung im gleichen Tempo weitergeht wie bisher, werden unsere Läden bald mit ein, zwei Verkäufer pro Etage auskommen. Die Kunden suchen sich ihr Produkt auf Bildschirmen aus, Beratung brauchts nicht mehr, da sämtliche Infos auch gleich dort abgerufen werden können. Vielleicht wird eine Form von Abholschein ausgedruckt. Dann geht man damit zu der Verkaufsperson, die scannt den Schein am Computer ein, ein automatisiertes Lagersystem holt das Gewünschte aus den Tiefen des Lagers und transportiert es direkt in den Laden. Die Verkäufer sind nur noch da, um alles einzupacken und einen schönen Tag zu wünschen.
Düstere Zukunftsvision?? Ja vielleicht bin ich tatsächlich ein Schwarzseher, doch überlegt mal, wieviel ist bereits automatisiert worden in den letzten Jahren… Es ist ein schleichender Prozess…
Abschliessend noch dies:
Bin ich die Einzige, die sich fragt, warum es in der Schweiz noch immer Singles hat, wenn sich laut Paarship angeblich alle 11 Minuten zwei ineinander verlieben…???
Fragen über Fragen…..
Spricht mir voll aus der Seele! Ich bin in 25 Jahren Einzelhandel auch quer durch die Branchen gehüpft. Gelernt habe ich im Lebensmittelbereich und sowohl an Theken, als auch fertig abgepacktes verkauft. Vom privaten Bäcker bis Aldi Suisse war alles dabei. Als dann auch der Schweizer Aldi mit immer weniger Personal auskommen mußte, wechselte ich dahin, wo persönliche Beratung noch Gesetz war, zu Vögele Mode. Doch zunehmend wurde die Luft auch dort dünner. Das gleiche Personal mußte immer längere Öffnungszeiten abdecken. Beratung geriet durch die dünner werdende Personaldecke zum Spagat zwischen den 3 Ks:Kunde, Kabine, Kasse. Ich wollte raus aus dem klassischen Detailhandel und die CH- Post suchte Verkaufstalente am Schalter. Doch auch dort gab es immer straffere Vorgaben. 22 Kunden pro Stunde, das grenzt an Akkordarbeit. Glücklicher war ich dort nicht, spannend wars allemal trotzdem. Jetzt habe ich eine Stelle, die viele meiner Talente und Neigungen vereint und wo ich Kunde wirklich wie Könige behandeln kann: hofieren mit herzlicher Freundlichkeit, verwöhnen (mit Kaffee), glücklich machen mit dem, was mein Job ist. Nebenher erweitere ich meine kaufmännischen Fähigkeiten und die Arbeitszeiten sind ein Traum. Die Verkäuferin ansich wird sicher nicht überflüssig. Man muß sich nur mal vorstellen, der Strom fällt aus. Dann funktionieren auch keine computerbasierten Geschäftsmodelle mehr. Ein Lächeln und ein freundliches Wort kann eh keine Maschine ersetzen. 😉
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Ja da geb ich Dir recht, völlig werden die Verkäufer nicht verschwinden. Und ich bin natürlich auch nicht grundsätzlich gegen (Ver)Änderungen. Arbeit oder Fortschritt funktioniert nur mit Wandel. Man bekommt oft nur den Eindruck, dass viele Marketingabteilungen auch nicht mehr wirklich wissen, wie sie der abnehmenden Kundenfrequenz entgegenwirken sollen. Und darum wird scheinbar alles versucht, auch wenns noch so absurd ist..
Es bleibt zu hoffen, dass sich wieder mehr Kunden besinnen und einsehen, dass eine freundliche, persönliche und kompetente Beratung mehr Wert ist als immer nur das Billigste zu finden!
Danke für Deinen tollen Kommentar!
Franzi
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Das Problem sind nicht nur die Arbeitsbedingungen, sondern vielfach die Kunden, die viel mehr erwarten.
Schlussendlich ist der Verkäufer eine ausquetschbare Zitrone.
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Hat schon was. Wieder etwas mehr gegenseitiger Respekt könnte nicht schaden. Seitdem die Geschäfte um jeden Kunden buhlen, haben diese oft den Eindruck, sich alles erlauben zu können. Macht nicht mehr wirklich Spass..
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Definitiv nicht.
Mir kommt es oft vor, als versuche jeder hier nur den eigenen Frust am andren auszulassen – auf Dauer macht es Menschen krank.
Ich habe selber in einem Verkaufsjob gearbeitet – seither gehe ich bevorzugt dort einkaufen, wo mir kein Verkäufer über den Weg läuft und die Läden eher leer sind. Einerseits weil mir die Verkäufer leid tun und ich andererseits in Ruhe meine Besorgungen erledigen will. Da zahle ich lieber etwas mehr und habe Platz (sehr zu empfehlen sind hier die jüdischen Märkte) als dass ich ein paar Cent weniger ausgebe, aber dafür das Gedränge ertragen muss.
Die Sache hat leider immer zwei Seiten!
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