Auto vs. Bahn

Die ewige Frage, die man sich jeden Morgen stellt, vor allem in einem Job, bei dem man täglich wo anders arbeitet und dementsprechend lange Arbeitswege hat:

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oder

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Man beginnt, die jeweiligen Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen.

  • Das Auto steht gleich vor der Türe.. ist schnell aufgewärmt, resp. runtergekühlt. Je nach dem ob klimatechnisch gerade Arktis oder afrikanische Savanne vorherrscht.
  • Der Bahnhof in unserem Dorf ist, wahlweise zu Fuss ca 15 Minuten, mit dem Radl ca 10 Minuten oder mit dem Postauto (das aber nur halbstündlich oder sogar nur stündlich fährt) 5 Minuten entfernt.

Klar, mit Fahrrad oder zu Fuss würde man gleich noch was für die Gesundheit machen.. Bin ich ja grundsätzlich nicht abgeneigt. Bloss.. Dank absolut katastrophalem morgendlichen Zeitmanagement meinerseits bin ich meist ziemlich knapp bis eigentlich schon zu spät dran. Dies hat zur Folge, dass ich mich oft bis immer sputen muss, was wiederum dazu führt, dass ich völlig ausser Puste bin, wenn ich dann endlich in den Zug hüpfen kann. Und, je nach Wetter und Temperatur, entweder schweissgebadet bin oder aber dampfend unter der dicken Jacke, deren ich mich dann eigentlich entledigen sollte, damit ich nicht schweissgebadet am Zielort ankomme… Ein echter Rattenschwanz…

Aber selbst wenn ich pünktlich und einigermassen entspannt bei Zugseinfahrt vor Ort bin, geht’s ja dann erst richtig los.. Schon ein eigentlich simples Unterfangen wie einsteigen gestaltet sich meist als ein wahres Survivaltraining für Fortgeschrittene.. Entweder man verhält sich wie ein normaler, gut erzogener Mensch und lässt die anderen Passagiere erst in Ruhe aussteigen und kann sich infolgedessen geistig schon mal von einem eventuellen Sitzplatz verabschieden, da der Rest der Leute zu Hulks mutiert und alles niederwalzt, was nicht rechtzeitig aus dem Weg hechten kann.

Ich stehe sehr oft.

Und was dann abgeht kennt jeder Pendler. Um dich herum gefühlte 99% Rucksackträger.

Ich hasse diese Dinger!!

Es legitimiert die Träger allem Anschein nach, unter den anderen Passagiere rumzurempeln und dann so zu tun, als hätten sie es nicht bemerkt. Ich kann förmlich spüren, wie meine mühsam antrainierte Gelassenheit und Geduld resigniert und kopfschüttelnd die Koffer packen weil die Tagesschicht, besser bekannt unter den Namen „unkontrolliertes Ausrasten“ und „verbale Beleidigung“ händchenhaltend und fröhlich pfeifend ihre Arbeit beginnen.

Aber das rumgeremple ist ja nur ein kleiner Teil des mobilen Dschungelcamps! Damit könnte ich ja noch umgehen, doch keine noch so kurze Bahnfahrt ohne dass nicht mindestens ein Kleinkind mit im Abteil ist . Versteht mich nicht falsch, ich hab grundsätzlich nichts gegen Kinder. Solange die Kleinen nicht wie alle anderen tierisch angepisst sind, weil sie so früh raus mussten und es allen im Umkreis von 100 Metern lautstark mitteilen. Und solange keine dieser absolut obernervigen Mütter dabei sind, die sich in einer Lautstärke mit ihrem Nachwuchs unterhalten, als stünden sie unter einer startenden Boeing 737!! Ja wir haben’s alle mitgekriegt, Du hast ein Kind. Gratuliere, o Retterin der Menschheit. Und jetzt halt die Klappe.

Ernsthaft, es wäre mir ja wirklich egal, sofern ich mich in solchen Situationen verdrücken könnte, bloss ist dies im morgendlichen Pendlerverkehr schlicht nicht möglich. Und selbst wenn man sich etwas von diesem Sirenengeheul entfernen kann, lauert schon das nächste verbale Desaster. Weil nämlich immer, wirklich IMMER irgendeine(r) am Telefon hängt und sich Pulitzerpreisverdächtig mit seinem bestem „Bro“ unterhält: “ Ey Altä ischschwörmann!! Dä isch aber sowas vo spasti ey!“    -….-  …also wie jetzt…?!? Bin ich wirklich so ein Spiesser? Finde nur ich es etwas bedenklich, dass 85% der jungen Leute anscheinend keinen Satz grammatikalisch korrekt hinkriegen? Oder zumindest so tun als ob?? Aber Wen wollen die denn damit beeindrucken? Der Rest im Abteil ist es zumindest schon mal nicht.

Da meist zu wenig Platz vorhanden ist, um den rettenden iPod samt Kopfhörer rauszufummeln (der natürlich wie immer zuunterst in der Handtasche liegt…), bleibt nichts anderes als den „Gesprächen“ unfreiwillig zu lauschen..

Privatsphäre ist für die meisten heutzutage ja ein Fremdwort!  Da wird über alles und ich meine wirklich über alles, lautstark debattiert. Wir anderen rundherum werden zwangsläufig Ohrenzeugen von hochbrisanten Informationen; Wer mit Wem, wie lange und warum nicht länger, welche Kollegin als nächstes gebasht wird ( was auch immer das heissen mag..) und warum der Freund oder Ehemann der besten Freundin einer Arbeitskollegin ein Vollidiot ist und dringend verlassen werden muss….

Ich finde so eine Zugsentgleisung als Alternative zu solchen Verbalverbrechen tönt gar nicht mehr so schlimm ….

Flucht ist leider ausgeschlossen, ausser man will das Risiko eingehen dass sich jemand sexuell belästigt fühlt, weil man sich zwischen ihm und einem Rucksackträger (!!) durchquetschen muss.. So kann man nur hoffen, dass die mobile Nachmittagstalkshow beim nächsten Halt aussteigt und die Leute im Bahnhof mit ihren exklusiven Infos beglückt.

Ich bin mir natürlich bewusst, dass man als aktiver Teilnehmer am Individualverkehr nicht gerade zum Umweltschutz beiträgt und habe deswegen auch öfters ein schlechtes Gewissen.

Aber glaubt mir, angesichts der Alternative werde ich morgen wieder in mein kleines Auto steigen und laut (und falsch) singend zur Arbeit fahren! Und anders als in der Bahn werde ich dabei nicht blöd angeglotzt…

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